Borreliose, Antibiose, Darmsanierung und eine starke Mitte


Borreliose

Für Borreliose oder FSME habe ich mich früher nicht interessiert, da es so was zu meiner Kinder- und Jugendzeit nicht gab. Vor 50 Jahren hatten die Kinder entweder eine Mandel- oder eine Blinddarmentzündung. Und da wurde auch nicht lange mit Antibiotikum herumgefackelt und schon gar nicht mit Globuli oder Bioresonanz oder gar Akupunktur behandelt. Da wurde rausgeschnitten, was nicht passte. Aus meiner Generation haben darum auffällig viele Leute keine Mandeln und keinen Blinddarm mehr. Ich denke, wie sich das Denken der Menschen und damit der Zeitgeist verändern, so verändern sich Krankheiten und Beschwerden.

Borreliose und FSME, ihre Hintergründe und Folgen wurden von den populistisch arbeitenden Medizinredaktionen erst Ende der 80-er entdeckt. So begegneten mir Borreliose und FSME relativ spät während meiner Heilpraktiker-Schulzeit. Dort wurden sie im Zusammenhang mit dem Infektionsschutzgesetz behandelt. Berührt wurde ich davon aber immer noch nicht, da ich persönlich von Zeckenbissen verschont blieb. Erst, als bei meiner Mutter wegen immer wieder auftretender Körperschmerzen die Möglichkeit einer langen zurückliegenden Borreliose ins Gespräch kam und sie sich daraufhin einer mehrwöchigen Antibiose unterzog, fing ich an, mich für Borreliose zu interessieren.

Die zweite, mich emotional bewegende Begegnung mit Borreliose hatte ich vor einigen Jahren. Meine wunderbare Lehrerin Hannelore Fischer-Reska war daran gestorben. Sie hatte mich nach meiner bestandenen HP-Prüfung 1993 in ihrer Münchner Lehrpraxis aufgenommen. Bei ihr hatte ich meine ersten Praxiserfahrungen gesammelt. Sie war mir immer ein Vorbild für Menschenliebe, Arbeitsfreude und Erfolg gewesen. Auf der Einweihungsparty ihrer neuen, großen Praxis in Bogenhausen, die gleich hinter dem Restaurant „Käfer“ lag, lernte ich u. a. auch bekannte Gesichter aus Film und Fernsehen kennen, u. a. Boris Becker oder Erni Singerl – die damals noch lebte. Hannelore war die Münchner „Promi-Heilpraktikerin“. Wohl deshalb, weil sie eine der ersten Autorinnen war, die Bücher über Übersäuerung und Krebs geschrieben hatte. Und ihre Darmwäschen und Ozon-Behandlungen waren in den 90-ern ein relativ teurer Geheimtipp, unter anderem für das Anti-Age.

Die dritte Begegnung mit Borreliose habe ich im Juni 2020 gehabt. Dieses Mal war sie persönlich, war ich selbst ihr Opfer. In die Praxis kommen immer wieder Patienten, die von Zecken gebissen worden sind, und mich erstaunt die Verschiedenartigkeit. Mancher kann sich gar nicht daran erinnern, gebissen worden zu sein; hat aber einen nachgewiesen hohen Titer und Antikörper im Blut. Bei anderen liegt der Biss Monate zurück. Der Patient ist eigentlich beschwerdelos, doch wird er aus dem Nichts von wandernden Gelenkschmerzen, Herzproblemen oder einem Burnout-Zustand überfallen. Die Schwierigkeit bei Borreliose liegt unter anderem bei der Abgrenzung zu anderen Beschwerden und Erkrankungen. Ich kenne Fälle aus der Praxis, bei denen anhand der Diagnose zunächst auf Multiple Sklerose behandelt wurde, jedoch später auf Borreliose korrigiert werden konnte. Nach einer langen Antibiotika-Therapie verschwanden auch die sog. MS-Beschwerden wieder. Das sind allerdings seltene Glücksfälle.

Bei mir war es eine winzig kleine Zecke, eine sog. Nymphe, an meinem Unterschenkel, etwa auf Höhe des Akupunkturpunktes „Sanyinjiao“ (Milz 6). Eingefangen auf ganz typische Weise, nämlich beim Joggen im Wald. Ich entfernte das Tierchen und beobachtete die Stelle ein paar Tage. Sie blieb unauffällig, also keine Rötung oder Schwellung. Damit war der Biss vergessen; bis etwa vier Wochen später ein blassroter Kreis mit etwa sechs Zentimetern Durchmesser auftauchte. Während zwei Tagen, in denen ich das Gebilde beobachtete, wurde die sog. „Wanderröte“ immer deutlicher. Zeit, meinen Hausarzt zu besuchen. Der meinte es gut und wollte mich von der Notwendigkeit einer Antibiose überzeugen. Ich schnitt ihm das Wort ab: „Sie brauchen mir nichts erklären, Herr Doktor. Her mit den Wunderpillen“. Zum ersten Mal in meinem Leben nahm ich Antibiotikum ein; drei Wochen lang.

Antibiose

Bis zum Zeckenbiss war ich täglich gelaufen und auch während der ersten Woche der Antibiose war ich körperlich immer noch fit. Das Antibiotikum zeigte schnelle Wirkung; denn die Wanderröte wurde rasch blasser. Ab der zweiten Woche lief es dann nicht mehr so gut. In meinem Inneren wurde ich kälter und kälter. Trotz 30 Grad Außentemperatur fror ich einerseits, andererseits schwitzte ich in der Nacht kalten Schweiß wie ein Kesselflicker. Dann bekam ich auch noch Gliederschmerzen. Mit dem Laufen ging nix mehr, meine Hüftgelenke tobten vor Schmerz. Und meine Sehkraft ließ nach. Mein Darm rebellierte immer schlimmer, so dass ich, wenn ich aus dem Haus ging, überlegen musste, wo sich draußen, auf meinen Wegen, Klohäuschen befanden. Ab Woche Drei ging es dem Magen an den Kragen. Und wie! Ununterbrochen brannte und drückte es, und wenn ich an Essen dachte, wurde mir übel. Endlich kam die letzte Tablette. Nach drei Wochen Antibiotikum war die Wanderröte komplett verschwunden, und ich war körperlich am Ende.

Darmsanierung

Die meisten Leute wissen mittlerweile, dass der Darm nach einer Antibiose eine Sanierung, bzw. eine Hilfe zur Bakterienbesiedelung braucht. Sinn der Antibiose ist es schließlich, Borreliose-Bakterien, die sog. Borrelien (aus der Familie der Spirochäten), zu eliminieren. Übrigens werden die nicht nur durch Zecken übertragen, sondern auch durch Pferdebremsen! Eine Antibiose macht jedoch nicht nur den „bösen“ Bakterien den Garaus, sondern es geht auch den physiologischen, sprich, den „guten“ Bakterien an den Kragen. Und diese guten Bakterien finden sich zu hauf im Darm. Die Darmflora besteht aus Bakterien, Archaeen und Eukaryoten. Im Darm eines erwachsenen Menschen tummeln sich 10 bis 100 Billionen Bakterien, was etwa zwei Kilo ausmacht. Die Darmflora ist das Zentrum der Abwehr von Krankheitserregern. Sie macht aber nicht nur das Immunsystem aus, sondern spielt auch eine Rolle beim Körpergewicht und bei der Fettsucht. Es gibt mittlerweile viele Darmaufbauprodukte, die man im Internet selbst recherchieren und dann in der Apotheke bestellen kann. Wichtig dabei ist Geduld, was heißt, dass die Darmbakterien über längere Zeit eingenommen werden sollen. Ich sag jetzt mal, mindestens über drei Monate hinweg. Nachgeprüft werden kann das über Stuhlproben, oder man achtet auf seinen Körper und seine stofflichen Ausscheidungen.
Meiner Meinung nach klappt es mit der Darmsanierung aber nur dann zufriedenstellend, wenn gleichzeitig Mitte bzw. Milz und Magen saniert werden. Dabei geht es um die Transformations- und Transportfunktion sowie um den Aufbau von Blut und Energie.

Aufbau von Milz, Magen und Mitte.

Immunsystem, Darmbesiedelung und Darmflora hängen davon ab, wie stark oder schwach Milz/Magen bzw. Mitte sind. Die Erklärung ist einfach. Milz und Magen sind dem Darm vorgeschaltet. Wichtig zu wissen: Milz und Mitte brauchen es warm, um Nahrung umwandeln (transformieren) und transportieren zu können. Dies geschieht durch Energie und Blut. Die kalte Wirkung des Antibiotikums kühlt Organe und Blut, reduziert die Energiebewegung der Mitte. Das bedeutet, dass die Verdauungsleistung des Magens aufgrund von Kälte erheblich beeinträchtigt wird. Folglich wird das zu Verdauende durchfallen gelassen, was tatsächlich Durchfall bedeutet. Eine Darmbesiedelung mit guten Bakterien kann deshalb nur ungenügend stattfinden. Die guten Darmbakterien werden so ausgeschieden, wie sie eingenommen werden, da der Nahrungsbrei wegen der schwachen Mitte nicht umgewandelt wird. Bleibt dieser Zustand über längere oder lange Zeit bestehen, und das tut er in den meisten Fällen – wer von den vielen Menschen, die sich einer Antibiose unterzogen haben, kennt die Bedeutung seiner Mitte schon -, kommt es schleichend, chronisch und unweigerlich zu einer sog. Malassimilation, was nichts anderes bedeutet, als dass die Ausnutzung der Nährstoffe schlecht, beeinträchtigt und vermindert ist. Einfach ausgedrückt: Der Körper verhungert, obwohl er mit Nahrung zugeschmissen wird. Dabei ist völlig egal, ob billiges Supermarkt- oder teures Biofutter. Langjährige Fehl- und Unterversorgung führen zu Blut- und Energiemangel, die gelichtete, fehlbepflanzte Darmflora ein Einfallstor für pathologische und womöglich maligne Veränderungen auf Zellebene.

Eine Stärke der Chinesischen Medizin ist unter anderem die Stärkung der Mitte, Milz und Magen. Ich habe mir folgendes alte Rezept ausgesucht und den Tee über drei Monate hinweg eingenommen:

Si Jun Zi Tang (Vier Gentlemen Dekokt) aus der Rezepturensammlung von kaiserlicher Gnade aus der Tai-Ping-Ära von der Kaiserlichen Medizinischen Abteilung (1078 – 1085). Am Alter dieser Rezeptur ist zu erkennen, dass auch die Alten Chinesen unter einer schwachen Milz gelitten haben, besonders der Kaiser von China. Es enthält Ren Shen (Ginseng Radix et Rhizoma), Bai Zhu (Atractylodis Macrocephalae Rhizoma), Fu Ling (Poria), Zhi Gan Cao (Glycyrrhizae Radix et Rhizoma preparata). Ich habe es dann noch ein wenig aufgepeppt mit Kräutern, die Milz und Magen extra stärken, also mit Huang Qi (Astragali Radix) und Shan Yao (Dioscorae Rhizoma).
Die Wirkung von Si Jun Zi Tang ist: tonisiert das Qi und stärkt die Milz.


Fazit:

Bei einer Borreliose können westliche Medizin und Chinesische Medizin hervorragend zusammenarbeiten und die Gesundheit des Menschen wiederherstellen.

Ach ja, noch ein Nachklapp zur „Wilden Karde“

Ich schließe mich teilweise einem Artikel aus der „Neue Zürcher Zeitung“ vom 26. August 2007 an mit der Überschrift „Fahrlässige Tipps gegen Borreliose“. Darin wird u. a. der Zürcher Spezialist für Zeckenkrankheiten, Norbert Satz, zitiert: „Antibiotika könnten Borreliose-Patienten im Spätstadium der Krankheit zwar nur selten helfen, da die Bakterien dann bereits zu viel Schaden angerichtet hätten. Doch genauso wenig nütze die von Storl gepriesene Tinktur, ein Extrakt aus der Wurzel der Karde, einer distelähnlichen Pflanze, die unter anderem in der chinesischen Medizin verwendet wird.“ Ich möchte dazu korrigierend anmerken, dass es sich hierbei um Xu Duan, die chinesische Kardenwurzel, handelt, die bitter und scharf ist und sich auf Leber und Nieren bezieht. In Rezepturen wird Xu Duan eingesetzt, um das Yang zu stützen, Muskeln, Sehnen und Knochen zu stärken, gynäkologische Blutungen zu therapieren, einen unruhigen Fötus zu beruhigen und das Blut zu bewegen. Die TCM behandelt mit Xu Duan keinesfalls Borreliose als solche. Derartige Un- und Halbwissenheiten, die leider immer wieder in der populistischen Literatur auftauchen, muss ein TCM-Therapeut richtigstellen, wenn er die Möglichkeit dazu hat.
Allerdings stimme ich Herrn Satz zu, dass es grob fahrlässig ist, sich bei der Behandlung von Borreliose alleine auf die „Wilde Karde“ zu verlassen. Wer meint, sie täte ihm gut, sollte sie im Anschluss einer Antibiose einnehmen. Ich möchte Wolf-Dieter Storl und seinem Buch „Borreliose natürlich heilen“ nicht zu nahetreten. Doch ist er laut Wikipedia (und diesen Angaben schenke ich jetzt einfach mal Glauben) ein Kulturanthropologe, Ethnobotaniker und Buchautor; er ist kein Biologe, Chemiker, Arzt oder Naturwissenschaftler. Sein Buch „Borreliose natürlich heilen“ hat er aufgrund seiner eigenen Erfahrung geschrieben. Wenn ihm die „Wilde Karde“ geholfen hat, so bedeutet das jedoch nicht, dass sie ein Allheilmittel für Borreliose ist. Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich der Autor da bewegt.
Ich äußere mich über die „Wilde Karde“ deutlich und kritisch, weil ich als Therapeutin immer wieder nach meiner Meinung dazu gefragt worden bin. Meine eigene Borreliose-Erfahrung war deshalb die Gelegenheit, nach der Antibiose und dem Aufbau meiner „Mitte“ mit Chinesischer Medizin auch zwei Flaschen der „Wilden Karde“ zu bestellen. Die Tinktur schmeckt bitter, doch nach zwei monatiger Einnahme konnte ich keine besonderen Veränderungen feststellen. Wobei ich nicht weiß, was und wie mein Organismus auf die „Wilde Karde“ hätte reagieren sollen. Na ja, geschadet hat es dann ja nicht…